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Worauf müssen sich Eltern in der Pubertät „einstellen“?

In der Pubertät und im Jugendalter tut sich einiges bei unseren Kindern. Sie stehen auf der Schwelle zum Erwachsen sein. Der Körper verändert sich und mit ihm Aussehen und Hormone. Es kommt häufig zu starken Stimmungsschwankungen – Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. In dieser Phase sind die Jugendlichen meist auf der Suche nach sich selbst. Diese Identitätsfindung ist nicht einfach und zieht eine Ablösung vom Elternhaus nach sich. Offene Gespräche werden seltener, eigene Meinungen werden lautstark vertreten, Türen knallen und die Welt ist in ihren Augen wahnsinnig ungerecht, weil sie sowieso keiner versteht.

Das Streben nach Selbstständigkeit gehört zu dieser Phase und ist für beide Seiten hart. Das Grenzen austesten und sich reiben sehr anstrengend.

Was sollte man bei Leistungsabfall in der Schule tun?

Leistungsknick in der Schule: Oft ist in der Pubertät ein Leistungsabfall zu beobachten. Die Interessen ändern sich und andere Dinge wie Freunde und Freizeit werden wichtiger. Bei schlechten Leistungen oder auch bei anderen Vorkommnissen suchen Mädchen eher die Ursache bei sich und Burschen öfter außen.  (Mädchen führen eine schlechte Note eher auf zu wenig lernen oder dumm sein zurück, wobei Buben häufiger denken, dass der Test zu schwer oder der Lehrer schuld ist.) Vgl.: Studie AIDA von Renate Valtin

Der Leistungsabfall in der Schule kann natürlich sehr demotivierend sein. Ein Nicht Genügend kann ausweglos erscheinen.  Es wäre eine Möglichkeit mit dem Jugendlichen und den Lehrern einen Plan zu erarbeiten bei dem in kleinen Schritten der Weg zu den positiven Noten festgelegt wird. Wichtig sind die Einzelschritte. Das ist wie mit einem riesigen Berg Bügelwäsche. Man mag gar nicht erst beginnen. Fängt man aber an und arbeitet sich in kleinen Portionen vor, ist es gar nicht so schlimm.

Bei Lernproblemen kann ein Lerncoaching sehr hilfreich sein. Liegt es an der Leistung selber, würde ich Nachhilfe empfehlen. Sehr erfolgreich ist oft das Nachlernen mit einer/m guten SchulfreundIn. Kinder erklären sich den Stoff gegenseitig sehr gut und in ihrer Sprache. Oft steht die Berufs- oder Studienwahl vor der Tür, um den Weg zum weiteren Beruf ein zu schlagen. Es wäre eine Möglichkeit diesen Weg gemeinsam auf zu zeigen und zu schauen, was alles erfüllt werden muss, um dort hin zu kommen.

Was kann man tun wenn man merkt, dass der Freundeskreis einen schlechten Einfluss hat?

Die peergroup wird immer wichtiger in der Puberttät und hat viel Einfluss. Das ist ganz normal, da der Jugendliche so wichtige soziale Erfahrungen kann und sich selber in unterschiedlichen Rollen erleben kann.

Es wäre wichtig sein Kind zu kritischem Denken zu erziehen, damit es in der Lage ist Entscheidungen zu hinterfragen. Ein starkes Selbstbewusstsein ermöglicht dem Jugendlichen sich  abzugrenzen und nein zu sagen z. B. zu Drogen du nicht dem Gruppenzwang zu unterliegen.

Es hängt stark von der Beziehung ab, die man zu seinem Kind hat. In der Pubertät kann man nicht mehr erziehen, sondern muss über Beziehung auf sein Kind einwirken. Dann kann man auf Augenhöhe mit dem Kind die Vor- und Nachteile besprechen. Mit Vorschriften und Verboten kommt man nicht weit und erreicht höchstens das Gegenteil.

Sie verfolgen das Konzept der logischen Konsequenz –  Erziehung ohne Strafe. Was bedeutet das konkret?

Logische Konsequenzen sind dem Kind gegenüber respektvoll, das heißt sie demütigen nicht. Sie werden fest und freundlich (höflich) eingefordert. Sie haben einen Bezug zur „Sache“ und sind auf das Verhalten und das Tun und nicht auf die Person gerichtet. Außerdem sind sie sinnvoll. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Verhalten-Auswirkung-Erkenntnis und Lernen. Außerdem bieten sie eine Veränderungsmöglichkeit für die Zukunft.

Sind Kinder der Spiegel ihrer Eltern?

Nein, Kinder sind kein Spiegel ihrer Eltern. Natürlich geben Eltern ihren Kindern einiges mit- allein schon durch genetische Veranlagung und auch das Lernen am Modell ist sehr wirksam. Jedoch wirken auch viele andere Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes ein. Auch andere wichtige Bezugspersonen z. B. Großeltern, Erzieher und die peergroup prägen maßgeblich.

Welche Gefahr birgt es, wenn Eltern ihre Wünsche „in den Kindern ausleben“? (z.B. mittels Sportart, Berufsausbildung etc.)

Oft ist es gut gemeint, wenn dem Kind das ermöglicht wird, was man sich selber gewünscht hat. Jedoch sollte man keinesfalls aus den Augen verlieren was das Kind möchte. Jedes Kind ist eine eigene Persönlichkeit mit eigenen Bedürfnissen.

Da sich Kinder sehr loyal verhalten sind sie bestrebt die Wünsche der Eltern zu erfüllen und ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei verfolgen sie dann aber nicht selten die Pläne der Eltern und nicht die eigenen. Das führt dann häufig zu einer Unzufriedenheit, die der Eltern-Kind-Beziehung  und der Entwicklung des Kindes schadet.

In der Pubertät ist es ja ein natürlicher Prozess, dass sich Kinder an den Eltern „reiben“. Wie geht man als Elternteil damit um?

Kinder wollen wissen wo die Grenzen liegen und testen aus ob diese sich dehnen lassen. Sie wollen sich reiben, möchten aber nicht dass diese ständig nachgeben, denn sie vermitteln auch Sicherheit. Außerdem erzeugt Reibung auch Wärme.

Es ist wichtig, dass man den Kindern innerhalb gewisser Grenzen Freiheit gibt. Das bedeutet, dass man partnerschaftlich und vertrauensvoll die kindliche Individualität annimmt und sie begleitet. Führen mit Respekt

Wie gelingt es, dass man auch in der Pubertät ein kooperatives Verhalten des Kindes erreicht?

Behandeln sie ihr pubertierendes Kind nicht von oben herab. Begegnen sie ihm auf Augenhöhe. Das bedeutet nicht, dass das Kind gleichberechtigt ist, jedoch sollte man ihm respektvoll gegenübertreten. Mit Argumenten und Erklärungen kommt man weiter als mit Befehlen.

Wenn ihr Kind im Moment nicht mit Ihnen reden kann oder will, würde ich es nicht drängen. Je mehr Sie es einfordern, umso mehr macht es zu. Wenn Sie bisher eine gute und tragfähige Beziehung hatten, dann können Sie sich auf diese verlassen. Bieten Sie immer wieder Ihr offenes Ohr an und sagen sie ihrem Kind, dass es jederzeit kommen kann, egal was es ist, aber akzeptieren Sie ein nein.

Sie können Ihrem Kind auch andere Gesprächsmöglichkeiten anbieten, wenn es mit Ihnen nicht reden will. In den meisten Schulen gibt es Betreuungslehrer, die sich den Sorgen der Schüler annehmen oder in Jugendzentren sind Sozialpädagogen, die für die Jugendlichen da sind. Vielen ist es peinlich mit ihrer Mutter/ dem Vater darüber zu sprechen. Nehmen Sie das nicht persönlich, das gehört zur Entwicklung dazu. Wenn es doch zu einem Gespräch kommt seien Sie besonders einfühlsam und versuchen Sie nicht zu werten. Der Selbstwert der Jugendlichen ist ohnehin meist angekratzt. Zeigen Sie viel Verständnis, auch wenn es schwer fällt. In einem Gespräch bei dem man sie als gleichwertigen Gesprächspartner akzeptiert, kann man meist viel erreichen. Logische, begründete Regeln können gemeinsam erarbeitet werden und werden dann auch angenommen.

Was ist aus der Sicht des Pubertierenden ein absolute „no go“ was das Verhalten der Eltern betrifft? Was sollte man als Elternteil unbedingt vermeiden?

  • Sich als Allwissend aufspielen
  • Von „oben herab“ agieren
  • Keine Diskussion zu lassen
  • Nicht zu hören
  • Desinteresse
  • Ambivalenz – schwanken zwischen Autorität und laissez faire